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Channel: Wassertiger
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Separiert euch!

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Ja, liebe Schotten, das war dann wohl nichts. Schade, ich hätte dem Empire den Schlag in die Magengrube gegönnt und euch natürlich auch euer “eigenes” Land. Aber die Gegenseite hat ihr bestes gegeben, um euch von der Idee eines eigenen Staates abzubringen. So funktioniert das in der “freien” Welt. Natürlich darf man sich abspalten, so die eigene Verfassung das zulässt. Im rechten Augenblick, also kurz vor der Abstimmung, mahnen dann die Stimmen der EU: Keine automatische Mitgliedschaft, also Bewerber-Status und natürlich auch kein Euro. Zeitgleich tönen die Lords, das es auch kein Pfund mehr geben kann. Hättet ihr das Fußballspiel dieser Tage wenigstens gewonnen, euer Mut hätte vielleicht gereicht, den ganzen Flüsterern die Stirn zu bieten.

Bei uns in Deutschland läuft das anders. Hier ist die Möglichkeit eines Ausscheidens aus der Föderation gar nicht erst vorgesehen und jeder, der selbiges im Sinn hat, steht von Anfang an auf verlorenen Posten. Wobei mir der Gedanke durchaus irgendwie behagt, als bergischer Ureinwohner sozusagen. Die schönste Definition des hiesigen Menschenschlages liefert übrigens Herr Glumm hier aus Solingen. Im Kern heißt es dort, das die dunklen Wälder hier im Mittelalter allmählich von all denen bevölkert wurden, die sich in den großen Städten am Rhein etwas zu schulden gekommen haben lassen und vor der dortigen Ordnungsmacht türmen mussten. Und so käme es, das der Bergische an sich potentieller Nachfahr von Falschmünzern, diebischen Huren, Totschlägern und anderen Gesockse wäre. Danke an der Stelle für diesen liebreizenden Exkurs in unser Historie, Andi!

Wie also könnte ein eigener bergischer Staat auf historisch gewachsenen Grund denn wohl aussehen? Im Kern würde er bestehen aus derer zu Wuppertal, zu Solingen und derer zu Remscheid. Das Oberbergische nehmen wir sicher auch gern mit, obwohl eine gewisse Vorsicht durch die Nähe zu Westfalen durchaus angebracht ist. Das gleiche gilt auch für die Niederbergischen, die dem Rheinland schon ein wenig zugewandt sind. Details dieses neuen Kleinstaates wären sicher noch zu klären, was hier immer seine Zeit braucht, da erst einmal jahrelang darüber gestritten werden muss. Einig und schnell in unseren Entschlüssen sind wir uns hier bekanntlich nur, wenn es gegen die Welt da draußen geht, also gegen Land oder Bund beispielsweise oder gegen die EU.

Als visionistischer und ortskundiger Teil der hiesigen Avantgarde erlaube ich mir dazu mal ein paar eigene Gedanken. Mal angefangen bei einer neuen Währung, genannt z.B. bergischer Taler. Der hätte seine größte Bedeutung im freundschaftlichen Handel mit dem Rest der Welt, wobei wir unter uns um größtmögliche Eigenständigkeit in Form des Tauschhandels bemüht wären. Politisch wären mit Vollzug des eigenen Staates natürlich gewisse Säuberungen unumgänglich. Sämtliche Bremsklötze der örtlichen Grünen und des Bundes für Umwelt und Naturschutz würden ausgesiedelt werden müssen, am besten direkt in den Düsseldorfer Landtag. Dort können sie dann die von geheimen Agenten ausgeschleusten und wieder angesiedelten seltenen Fledermäuse und sonstiges Krötengetier betreuen, die hier jahrelang wichtige Bauvorhaben verhinderten oder in`s Aschgraue verzögerten. Die nunmehr heimatlosen Landtagsabgeordneten können ja derweil in den Kasematten am Rhein bei Altbier tagen, was ihrer geistigen Produktivität eher förderlich sein dürfte. Solcherart entkrötete Brachflächen könnten nunmehr interessierten Menschen zu gemeinschaftlicher Nutzung zur Verfügung gestellt werden, da denke ich an Wagenburgen und landschaftlich reizvolle Kleingärten zur Eigenversorgung. Pacht wird nicht gezahlt, dafür bekommt der jeweilige Eigentümer jeden Zehnten Apfel oder dergleichen.

Toleranz und gegenseitiger Respekt würden gestärkt, was zur Folge hätte, das zumindest die lauten Bärtigen das Land verlassen müssten. Am besten Richtung dem katholischen Rheinland, wo sie sich mit der sich in Kürze gründenden Maria-Polizei umherprügeln können. Vertreter der reinsten Lehren unter sich sozusagen und ich sitze mit meiner Visa als Weltenbürger bergischen Ursprunges in der Tasche am Zaun und schaue mir lachend bei Brot die Spiele an.

In dem Sinne zum Schluss ein kleines Lied…

 

 

 


Uno verschärft

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Früher schon, so mit 18,20, hatte ich eine Schwäche für dunkle Kaschemmen, wo an wackeligen alten Tischen im trüben Licht einer Funzel gezockt wurde, Harmlose Sachen, keine großen Beträge, zur zum Spaß an der Freude saßen wir gefühlte Ewigkeiten in einer verräucherten Mansardenbude, gar nicht weit von hier im Quartier und fühlten uns sehr erwachsen, mit dem mehr oder weniger guten Blatt auf der Hand, dem Stumpen im Gesicht und den Kaltgetränken aus der Truhe.

Heute ist das ein wenig anders, kein Rauch und keine Gersten-Kaltschalen. Selten kommt es vor, auch ist es kein Poker mehr, sondern das gute alte Uno-Spiel aus den Kindertagen meines Sohnes. So geschehen letzten Samstag im erweiterten Familienkreis hier zuhause – mit ganz speziellen Regeln, derweil Uno an sich ja doch ein eher überschaubares Spiel ist.

So dürfen also so genannte Zwillings-Karten, also gleiche Farbe, gleiche Zahl, auch außer der Reihe abgeworfen werden, sofern der reguläre Spieler noch nicht geschaltet hat. Sehr schön ist auch die Regel mit der Sechs. Kommt diese auf den Stock, muss eine Hand darauf, von allen rundum, und der letzte kassiert eine Strafkarte. Das macht recht munter und regt Ringträger zum nachdenken an, wenn der Nachbar böse guckt und sich anschließend die Pfote reibt. Außer böse gucken ist in dieser familiären Sonder-Edition nämlich nicht viel möglich, derweil jedes Schimpfwort sofort eine weitere Strafkarte nach sich zieht. Es ist einfach unbeschreiblich, welche Wortkonstellationen diese hübsche Regel zustande bringt, um den Unmut, den die kleinen Gemeinheiten dieses Spieles produzieren, irgendwie zu kanalisieren.

Um das Ganze noch ein wenig abzurunden, um der passenden Stimmung willen lief dabei noch nette Tischmusik. Immer noch staune ich, wie stabil unser großer Holztisch ist, nach all den handgreiflichen Attacken hier am Wochenende. Spaß gemacht hat es auf jeden Fall!

Szene am Rande einer Feierlichkeit

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Ich sitze auf dem Klo der Lokalität zu ebener Erde und lasse die letzten Stunden Revue passieren. Die vielen Menschen, die vielen Eindrücke. Ansprachen, Freude, Gratulationen, Zukunftspläne, ausgetauschte Erinnerungen, viel Lob und nur wenig nett verpackt vorgebrachter Tadel, gute und aufrichtig gemeinte Wünsche für die Zukunft. Applaus, Scherze, Gelächter, kleine, wohl vorbereitete Aufführungen, rührende Augenblicke mit verstohlenen Tränen im Augenwinkel. Eine sehr bewegende Veranstaltung eben, nicht nur für mich.

Toiletten sind irgendwie der einzige Rückzug-Ort auf solch großen Feiern, wo man mal ungestört einen Moment für sich hat, nicht nur zur Erleichterung, sondern auch zum ordnen der Gefühle und Gedanken. Von der anderen Seite des geöffneten Toiletten-Fensters dringt Stimmengewirr zu mir herein, zusammen mit Tabakrauch. Manche sortieren sich eben besser im Rudel.

Zusammenhang- und gedankenlos lasse ich einen kräftigen und gut geführten Wind wehen, woraufhin mir das Verstummen des Gemurmels da draußen auffällt. Vielleicht hätte man den Gemeinschaft-Aschenbecher doch woanders parken sollen, unpassend, das. Warte ich eben einen kleinen verschämten Augenblick, bis der nächste Gast unter den neugierigen Blicken und leisen Getuschel des Publikums die Örtlichkeit verlässt und folge ihm freundlich lächelnd. Contenance, ein wenig Charme und wohl sortierte Kleidung hat schon ganz andere Situationen gerettet…

Von Kölnern, Remscheidern und Sprichwörtern

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Gestern biege ich um die letzte Ecke, auf dem Weg nach Hause, und da steht sie wieder, wie jeden Tag, die Maschine mit dem Kölner Kennzeichen. Ein Motorrad fahrender Rheinländer, der warum auch immer das ummelden vergessen hat oder der hier in den Bergen seine Liebschaft dauerbesucht.

Beim Blick auf das Kennzeichen fällt mir ein altes geflügeltes Wort ein, aus meinen Remscheider Zeiten. Remscheid ist die kleinste der drei bergischen Städte, sie liegt im Gegensatz zum Wuppertal auf einem über 300 Meter hohen Bergkegel. Eine Stadt, die mich irgendwie immer an einen Elfenbeinturm erinnert hat, man ist dort sehr für sich. Dieses Gefühl beschleicht einen schon bei der Anfahrt, von Müngsten an der Wupper kommend, wenn man die gut 200 Höhenmeter auf den Serpentinen der engen Landstraße überwindet und auf halben Weg eine Wolke durchfährt. Dieses Gefühl verstärkt sich noch im endlosen Winter-Halbjahr, wenn die Stadt dauernd im nassen Nebel liegt. Oder im Regen, der hier noch häufiger anzutreffen ist als im Tal der Wupper. Wenig Trost spenden da die frischen Winde im Frühjahr und im Herbst, die der Stadt den Beinahmen Seestadt auf dem Berge gegeben haben. Alles zusammengenommen habe ich 14 Jahre dort gewohnt, nicht ungern wohlgemerkt, nur war ich am Ende die Fahrerei leid, die diese etwas abgeschiedene Lage so mit sich brachte.

Der Kölner also erinnerte mich an meine damalige Wahl-Heimat oder besser an den Spruch, jemanden Köln sehen zu lassen, wie man dort so sagt, wenn man jemanden mal seine Grenzen aufzeigen möchte. Lange habe ich das schon nicht mehr gehört, außerhalb Remscheids schon gar nicht, so das ich gestern in`s Grübeln kam, wo solch ein Spruch wohl einst seinen Ursprung hatte. Google war auch nicht sehr auskunftfreudig, vielleicht weiß die Generation Netz ja nichts davon, was es heißt, jemanden Köln sehen zu lassen.  Einzige für mich schlüssige Erklärung wäre zum einen die Lage der Stadt, man kann auf manchen Anhöhen tatsächlich bei schönen Wetter Köln sehen, das gerade mal 40 Km entfernt liegt. Das zusammen mit dem Wunsch, sein Gegenüber damals lieber in den verschwiegenen, dunklen Remscheider Wäldern (mit Blick auf Köln eben) zu verwackeln als vor Zeugen in der Stadt klingt nach einer historischen Erklärung.

Sollte es jemand besser wissen, nur zu, liebe Bergbewohner, ich lasse mich gern belehren.

Update:

Ein Telefonat mit einem altbekannten Beinahe-Remscheider (das sind u.a. die unglücklichen Lüttringhauser, deren Vorfahren Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts zwangseingemeindet wurden) brachte ein wenig Licht in die Spekulation, wenn auch keine gesicherte historische Erklärung: Jemanden Köln sehen lassen steht im günstigsten Fall für kräftige Verarsche, im weniger günstigen Fall dafür, jemanden an den Ohren hoch zu ziehen (Köln sehen? HIER!) und im ungünstigsten Fall für eine ordentliche Tracht Prügel.

Update No. 2:

Eingehendere Recherche im zugezogenen Freundeskreis brachte die Erkenntnis, das es in Sachen bessere Fernsicht (die Ohren!) durchaus lokale Varianten gibt. So spricht man im Raum der Elbe in dem Zusammenhang vom Hamburg-sehen-wollen.

So Typen

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Mit den rebloggen, also dem wieder aufwärmen eigener oder fremder Inhalte habe ich es nicht so, aber manche Geschichten gefallen mir persönlich zu gut, um sie sang- und klanglos verschwinden zu lassen. Hier also eine kleine Zusammenfassung, zum Teil gerettet aus dem untergehenden blog.de, der Ende des Jahres schließt und meinen alten Blog inmediasres.blog.de in`s große Nichts mitnimmt.

Schreib`doch mal über die Firma…so hörte ich öfter von gelegentlich hier mitlesenden Kollegen. Das ist erst einmal ein hübscher Gedanke und mit ein wenig Erinnerung kämen bestimmt etliche Geschichten zustande, bei gründlicher Durchleuchtung dieses Mikro-Kosmos würde es durchaus an Roman-Stärke heranreichen.  Allerdings sind solcher Art Geschichten nicht ohne und eh`ich mich versehe, ist meine Stelle womöglich vakant. Darum beschränke ich mich aus diesen verständlichen Grund bei solchen Stories auf Personen, die schon lange die Firma verlassen haben, und/oder nicht die geringsten administrativen Aufgaben haben/hatten.

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Benno

Für uns war er ein Held der Werkstatt, um den sich zahlreiche Legenden rankten, die alle ihren wahren Kern hatten. Er war eine stattliche Mischung aus Pflichtbewusstsein, Bohemien und verarmten niederländischen Provinzadel. Von weitem schon sah man ihn. Groß und hager gewachsen in seinem grauen Kittel, der einer Zeit entsprang, als es noch keinen Uniformzwang gab, als unsereins noch in traditioneller Berufsbekleidung umherlaufen durfte. Eine echte Erscheinung war der Benno, die dicke, rote, blau geäderte Trinkernase leuchtete schon von weitem.

Er konnte improvisieren wie kaum ein zweiter, nichts war für einen uneingeweihten nachvollziehbar, aber alles funktionierte zumindest eine Weile. Hoch angesehen war er beim Alten, der ihn auch schon mal mit einem Taxi Abends aus der Kneipe holen ließ, wenn die Luft mal wieder brannte, Anlagen standen, der Kunde tobte. Die Kehrseite der Medaille war sein Hang zu ausgedehnten Feierlichkeiten. Gründlich versumpfte Abende, die am nächsten Tag sein Zeitgefühl manipulierten.

„Wo war`n `se denn gestern, Herr Graaf“
„Da hat` ìch kein` Zeit“

So lautete dann die knappe, wenig informative Antwort. Was natürlich Maßnahmen provozierte. Abmahnungen flogen ihm nur so zu, er sammelte sie wie Schätze in einer Werkbankschublade und wenn ein Neuer anfing, präsentierte er den ganzen Stapel mit stolzgeschwellter Brust:

„Hier, alles meine, weiss `se Bescheid!“

Lange ist das alles her, das, was wir heute Globalisierung nennen, hatte gerade erst begonnen. Benno hatte sogar noch die Größe, selbst zu kündigen, was kaum einer gedacht hätte. Zuletzt habe ich ihn vor 14 Jahren gesehen, irgendwo an einer Bushaltestelle. Keine Ahnung, ob er noch lebt, aber die Geschichten um ihn herum, die leben in jedem Fall weiter.

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Klaus

Vor vielen Jahren ging ein Kollege in den verdienten Ruhestand. Namen sind ja Schall und Rauch, ich nenne ihn einfach mal Klaus. Selbst heute sorgt er gelegentlich noch für Gesprächsstoff, vielleicht liegt es daran, das er für uns eine gewaltige Mischung aus Original und tragischer Figur verkörperte. Facharbeiter war er, vom alten Schlage, sogar einen Meisterbrief hatte er. Das war auch Teil seines beruflichen Dilemmas, er kam erst mit Anfang 50 in die Firma und fand alle interessanten Positionen besetzt, so das er sich mit dem Job an der Werkbank begnügen musste. Ich sehe ihn noch vor mir, mit dicker Hornbrille, Kittel, Kippe im Mundwinkel. Höre noch sein heiseres Lachen, wenn er „von früher“ erzählte.

Die Stories bestanden in der Hauptsache aus wüsten Sauftouren, hatten aber ihren Unterhaltungswert. So wie der einzige Tag, an dem er zu spät kam. Was nicht an dem Abend zuvor lag, sondern an plötzlichen Stuhldrang genau auf halben Weg zwischen Zuhause und Arbeit, der ihn am Wupperufer in die Büsche trieb.

Zuhause – das muss für ihn der Horror gewesen sein, auch wenn das eine oder andere bei uns für Gelächter sorgte. Eines Morgens kam er noch zerfahrener und zerknitterter als sonst in die Werkstatt. Was war geschehen? Ein Riesenlärm, mitten in der Nacht, aus der Küche. Keiner stand auf, seine beiden Söhne nicht, und seine Olle, wie er sie nannte, erst recht nicht. Bis er sich selber ein Herz fasste und schlaftrunken in die Küche schlurfte. Ein Hängeschrank hatte sich empfohlen, um zwei Uhr früh, voll mit schwerem Zeug. „Hätt` sonst wer sein können, die hätten mich klauen können, Einbrecher oder wat.“ Ist ja noch einmal gut gegangen.

Seine Olle. Die bestimmte, wo es lang ging. Klarschiff machte Klaus höchsten, wenn er voll war. So an dem Freitag, in dessen Folge er Samstags die Küche renovieren musste. Einmal der Ollen gezeigt, wo der Hammer hängt und publikumswirksam einen vollen Mülleimer durch die Bude getreten. Die Malerei hätte sonst bestimmt noch Zeit gehabt, unter anderen Umständen.

Mit den Jahren wechselte bei ihm Aufregung und Empörung in einem Zustand bodenloser Gleichgültigkeit. Zuhause hatte ihn mürbe gemacht. Jedes mal, wenn er seinen beiden Söhnen die Vorzüge eines mehr oder weniger geregelten Gelderwerbes nahe bringen wollte, fuhr ihm seine Olle gluckenhaft in die Parade. Seine Gleichgültigkeit ging so weit, das er eines Tages hier hereinkam, obwohl er Urlaub hatte. Darauf hingewiesen, drehte er auf dem Hacken um und verschwand. „Geh`ich eben wieder.“ Richtung Garten wahrscheinlich, der einzige, ihm verbliebene Rückzugsort.

Irgendwann war dann sein letzter Tag hier. Unspektakulär und bezeichnend gratulierte unser aller Chef prompt dem Falschen zum Ruhestand, während unser Klaus schon längst weg war. Niemand hat ihn seither wiedergesehen, selbst für Kollegen aus seinem Viertel blieb er wie vom Erdboden verschluckt.

Bis eines Tages ein Gerücht seine Bahnen zog, in der Werkstatt. Der Klaus wäre nun in der Südsee, DomRep oder so. Einfach abgehauen, seine Olle samt Brut und einen Haufen Schulden verdienterweise zurückgelassen. Einfach alles stehen gelassen! Wir waren begeistert, toll! Der Klaus. Hat es endlich geschafft. Wir sahen ihn mit vollen, weißen Bart, einer langstieligen Meerschaumpfeife plus Longdrink relaxed im Liegestuhl, am Strand, drapiert von leichtbekleideten, einheimischen Mädchen, die ihm jeden Wunsch von den Lippen lesen.

Natürlich war die Story nur erstunken und erlogen, von einem humorigen Kollegen. Aber wir haben sie geglaubt, weil wir sie glauben wollten. Weil wir es ihm so sehr gewünscht haben, dem Klaus. Wer weiß, ob er noch lebt, und wenn wo….

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Jason

Er war ein ehemaliger Kollege vermutlich afro-amerikanischer Abstammung, der vor vielen Jahren mal für kurze Zeit in der Logistik gearbeitet hat. In Erinnerung geblieben ist er mir hauptsächlich durch seinen sehr speziellen Humor. Er bediente ganz bewusst so ziemlich jedes Klischee über Schwarze hierzulande, aus Spaß an der Freude.

Trat er morgens seine Schicht an, ging der kurze Weg von der Umkleide zu seinem Arbeitsplatz mitten durch unsere heiligen Hallen. Eine echte Erscheinung. Eher untersetzt und mit einem stattlichen Bauch versehen schritt er daher, den blauen Arbeitskittel offen, schwarzes Shirt darunter und auf der Brust baumelte ein riesiges goldenes Kreuz. Ein Bild, das alle Jahre überdauert hat, bei mir. Grinsend zog er manchmal eine Banane aus der Kitteltasche, warf sie spielerisch hoch in die Luft, um sie geschickt  aufzufangen und würdevoll wieder im Kittel zu versenken.

Jason gehörte zu den Menschen, die uns ein geflügeltes Wort hinterließen, was nicht so oft vorkommt. Unvergessen ist eine überlieferte Episode von seinen direkten Kollegen, so geschehen an einem eher stressigen Arbeitstag. Draußen stehen die Lastwagen Schlange und Jason sieht sich der zunehmenden Ungeduld seines Abteilungs-Meisters ausgeliefert, dem das alles nicht schnell genug geht. Ob er dieses oder jenes denn nicht sehe und er möge doch jetzt endlich mal Gummi geben, heißt es laut im schönsten Kutscher-Slang. Worauf Jason ein sehr erstauntes Gesicht macht und scheinbar ehrlich interessiert nachfragt: Welches Gummi, Meister?Seitdem steht die Frage nach dem Gummi stellvertretend für die totale Ahnungslosigkeit.

Irgendwann im Umkleide-Raum. Jason und ich begegnen uns und über ein paar Umwege entwickelt sich so ein typischer, kurzer Erfahrungsaustausch unter geschiedenen Männern. Ein Satz von ihm klingt mir noch im Ohr: Oh, ja, meine Frau zieht aus und ich muss zwei Wochen weinen. Dann, endlich geht es besser, kommt Post von ihrem Anwalt, was zu zahlen, weißt Du, und sofort noch einmal zwei Wochen weinen..

Schließlich kam dann, was kommen sollte. Jasons Bedächtigkeit wurde fälschlicher Weise zur Arbeits-Unlust missgedeutet und seine Kündigung stand an. Des Chefs übereifrige, rechte Hand beeilt sich, dem Guten die vermeintlich traurige Nachricht schriftlich in einem neutralen Umschlag verpackt zu überreichen. Jason jedoch gönnt der Hofschranze weder ein trauriges, enttäuschtes Gesicht noch einen billigen Triumph und nimmt den Umschlag an sich. Ohne sein Gegenüber zu Wort kommen zu lassen, entfernt er sich stilecht leicht gebeugt rückwärts gehend unter überschwänglichen Dankes-Worten über die vermeintliche Gratulation zu seinem erst kürzlich begangenen Geburtstag.

Wie ich hörte, fährt Jason nun bei der Stadt Bus. Kann ich mir für ihn gut vorstellen, dafür braucht man ebenso Humor hier in der Stadt.

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Netzwerk – Heilung

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Eigentlich sollte hier jetzt so etwas wie ein Tagebuch stehen. Stichworte dafür gab es reichlich, aber dann hat mich die Lust verlassen, mein kleines bisschen Krankheit hier humoristisch auszuführen, obgleich es an schrägen Details nicht gemangelt hat. Um mich herum ist derzeit viel los und wenig davon ist erheiternd. Das nimmt mir die Lust am [...]

Netzwerk – die OP

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Nach der Ferienzeit ist es dann soweit. Ich suche meinen Dok auf, der mir freudestrahlend zu meinen Entschluss gratuliert. Eine weitere Untersuchung der rechten Seite bringt keine neuen Erkenntnisse, hier scheint anders als links alles in Ordnung. Bürokratie. Ich lerne den Unterscheid zwischen einer Überweisung und einer Einweisung kennen. Telefonisch hatte ich schon herausgefunden, das [...]

Netzwerk – Ursachenforschung und Veränderungen

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Natürlich fielen mir zuerst die zahlreichen Umzüge all der Jahre ein, die eigenen und auch fremde. Diverse heftige Hustenanfälle im letzten Winter. Auch die Mengen Stahl, die ich im Berufsleben bewegt habe. Ebenso die zahllosen Einkaufstouren per Rad mit prall gefüllten Packtaschen hier in den Bergen. Fast alles ist meinem Hang geschuldet, die Dinge allein [...]

Netzwerk – die Diagnose

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Gemerkt habe ich nicht viel davon. Ich bin ein Mann und deutlich über 50, da darf es schon mal hier und da ziehen und zwicken. Heraus kam es erst im Rahmen einer Vorsorge-Untersuchung, zu der mich der Doktor meines Vertrauens sozusagen genötigt hatte, erstmalig, nach einer derben Infekt-Folge im Winter. Das volle Programm, ein Stunden-Werk [...]

Nordpark Barmen

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Als Bürger des Wuppertaler Stadtteiles Elberfeld hat man allgemein nicht viel bei den Nachbarn in Barmen, dem zweitgrößten Stadtteil des Tales der Wupper, zu tun. Das ist nicht gerade feindliches Ausland, aber doch irgendwie weit weg und unbekannt, mangels Notwendigkeit der Bereisung, wenn man mal von seltenen verwaltungstechnischen Besuchen des Rathauses absieht. Das ehemalige Barmer Rathaus [...]

Früher

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In regelmäßigen Abständen stoße ich im Netz auf Postings meinesgleichen Geburtsjahrgangs, wo sich in epischer Breite darüber ausgelassen wird, das früher alles besser war. Wo sich bitterlich über die Kinder beklagt wird, die doch nur ihren Vorbildern folgen. So wie wir im übrigen damals auch. Was genau geht da in den Köpfen nur vor, frage [...]

Balkantrasse

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Mit dem Balkan hat sie rein gar nichts zu tun, die so genannte Balkantrasse, die ausgehend von Remscheid-Lennep über Wermelskirchen und Burscheid bis nach Opladen führt. Laut Recherche hat ihr Name seinen Ursprung in der Charakteristika des bergischen Landes, das von den “zivilisierten” Bewohnern des Rheinlandes als “Balkan” wahrgenommen wurde, also urwüchsig, rau, und mit [...]

Berührung

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Still haben wir uns St. Laurentius angeschaut, heute, am ersten November. Draußen scheint noch warm die Sonne und die Türen der Kirche stehen offen, bei der kleinen Runde heute mit unseren Gästen. Stadtbesichtigung light sozusagen, Schwebebahn, Ölberg, Luisenviertel, zu mehr reicht die Zeit nicht. Meine Lieben sind schon wieder an der Sonne und ich lasse im Eingangsbereich [...]

Bad Godesberg

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Ein Besuch bei einem nahen Menschen ließ mich ein paar schöne Bilder mitbringen. Zwei Wochen ist das nun wieder her und mittlerweile sind die Bäume fast kahl. Ich staune, wie schnell die Zeit des Übergangs vorüber ist, bei uns Menschen können das schon mal Jahre sein. Die Bilder sprechen für sich… Der Friedhof an der [...]

Paderborn

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Neulich führte uns die kleine Hexe oder besser deren bester Freund, der Rabe Abraxas nach Paderborn. Neben dem Theater-Besuch gab es auch ein wenig Zeit, die Stadt zu erkunden. Mein erster Eindruck war: Viel Wasser. Die Bilder sprechen für sich.         Auf dem Weg zum Zentrum.   Weihnachtsmarkt…    Der Paderborner Dom.      [...]

Vom Schweigen

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Wenn ich mit einem Menschen gemeinsam schweige, kann das viele Gründe haben. Am weitesten verbreitet ist das so genannte temporäre Schweigen. Mal einen Augenblick still zu sein, um dem anderen seinen zu Raum geben ist eine Variante davon. Oder um erst einmal die Lage zu sondieren. Eine andere wäre, das mir schlicht gerade nichts dazu [...]

Per Rad von Wuppertal nach Essen

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Start ist der Ottenbrucher Bahnhof an der Nordbahntrasse hier nebenan. Unser Ziel soll sein das nördliche Ende der so genannten Niederbergbahn-Trasse, Essen-Kettwig an der Ruhr. Das wir von dort später dann noch weiter fuhren bis Essen Zentrum, war zunächst einmal so nicht geplant. Irgendwann vor knapp 2 Jahren bin ich schon einmal diese Tour gefahren, [...]

Für diese Tage…

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…wünsche ich allen Besuchern dieser Seite Frieden und Besinnung. Frohe Weihnachten!

Die vielleicht letzten Bilder 2015

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Heute Morgen auf der Nordbahn-Trasse, eine kleine Runde mit dem Rad vom Ottenbruch nach Schee und wieder zurück. Zwischen halb 8 und halb 10, bei lauschigen 11 Grad, der Himmel war unbeschreiblich. Die Bilder sprechen für sich…   *

2016

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Uns allen wünsche ich für das neue Jahr Ruhe, inneren Frieden und viel Liebe. Ein gutes, neues Jahr 2016! (Scharfe Lanke, Berlin – Neujahrsmorgen)  
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